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Im zweiten Teil unseres »Cinema4D«-Anfängerkurses beschäftigen wir uns mit den Oberflächen der Objekte. Sie werden lernen, wie Sie den Material-Manager optimal einsetzen und wie Sie Texturen plazieren können.
Oberflächen
Ein altes Sprichwort sagt: »Der Raytracer lebt nicht vom Modell allein!« Die Oberflächen eines Objektes sind fast der wichtigste Bestandteil einer guten Szene. Ihr Modell kann noch so gut sein, für den Betrachter ist es am Ende nur so gut wie seine Oberflächen. Vielleicht kennen Sie ja noch einige ältere Science-Fiction-Filme, die zum ersten Mal computergenerierte Spezial-Effekte benutzt haben. Man konnte sofort erkennen, daß die Raumschiffe unecht waren; sie sahen irgendwie künstlich aus. Heute ist das nicht mehr der Fall. Oder wußten Sie noch genau, wann in »Lost World« die Saurier nur Puppen waren oder aus dem Silicon-Graphics-Rechner kamen? Wahrscheinlich nicht, denn die Grafiker haben dazugelernt. Die Software ist zwar auch besser geworden, aber das allein reicht nicht. Realistische Oberflächen zu erzeugen erfordert einiges an Übung und ein gutes Auge. Das gute Auge brauchen Sie für Studien an Original-Oberflächen. So wie Sie im letzten Kursteil an echten Gegenständen die Form studiert und nachkonstruiert haben, so müssen Sie jetzt deren Oberflächen genau unter die Lupe nehmen.
Materialeigenschaften
Bevor wir richtig loslegen sollte ich Ihnen vielleicht erstmal die verschiedenen Wirkungsweisen der Materialeigenschaften erläutern. Überall ist natürlich der Einsatz von Texturen möglich.
1. Farbe
Die Farbe eines Materials wird immer dann sichtbar, wenn Licht darauf fällt. Je nach der Farbe des Lichtes kann auch die Materialfarbe beeinflußt werden. Anstatt einer eintönigen Farbe können Sie auch eine Textur auswählen.
2. Leuchten
Die Leuchtkraft eines Materials bestimmt eine »Mindesthelligkeit« des Materials. Das heißt: Jede Stelle der Oberfläche mit diesem Material hat mindestens die Helligkeit des eingestellten Wertes, aber nicht höchstens. Denn wenn der Farbwert eines Materials höher als der Leuchtwert ist, dann ist das Material an den, von Lichtquellen erreichbaren, Stellen trotzdem heller.
3. Transparenz
Die Transparenz steuert die Durchsichtigkeit einer Oberfläche. Weiß heißt ganz durchsichtig, Schwarz heißt undurchsichtig. Bei dem Feld »n« können Sie einen Brechungswert eingeben. Dieser Wert steuert die Stärke der Lichtablenkung, zum Beispiel bei Glas. »1« heißt keine Brechung, für normales Glas können Sie den Wert »1.333« und für Diamanten den Wert »2.419« verwenden. Achten Sie allerdings darauf, daß die Brechung nur bei geschlossenen Objekten, nicht bei einzelnen Flächen funktioniert. »Fresnel« gibt an, ob die Transparenz abhängig vom Betrachtungswinkel ist. Ist Fresnel aktiviert werden die Flächen bei schrägem Betrachtungswinkel leicht undurchsichtig.
4. Spiegelung
Hier können sie Farbe und Stärke der Spiegelfähigkeit Ihres Materials einstellen. Verlässliche Werte für Metall: ca. 40-60%, für Glas: ca. 10-30% und realistisch sind maximal 70% (Kristallspiegel). Wichtig für die Spiegelung sind auch die Farbwerte. Dunkle Flächen spiegeln besser als helle.
5. Umgebung
Die Umgebungsspiegelung ist eine Möglichkeit speicher- und rechenzeitsparend Spiegelungen zu erzeugen. Sie sollten hier ausschließlich Texturen verwenden. Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine große Wasseroberfläche erzeugen und möchten, daß sich der Himmel darin spiegelt. Echte Spiegelung dauert Ihnen aber zulange. Sie können dann auf Umgebungsspiegelung zurückgreifen und einfach eine Himmelstextur als Umgebung laden.
6. Nebel
Der Einsatz von Nebel lohnt sich nur, wenn von den restlichen Materialeigenschaften wenig Gebrauch gemacht wird. Alles zusätzliche würde den Nebel »überfärben«. Beim Nebel füllt Cinema den Raum eines gefüllten (!) Objektes mit Farbe, die zum Objektmittelpunkt hin dichter wird. Gut geeignet, um den Schein eines Laserstrahls zu erzeugen.
7. Relief
Die Relief-Funktion arbeitet nur mit einer Textur zusammen. Schließlich wird hier die Differenz der Grauwerte eines Bildes in Höhenwerte umgesetzt. Allerdings keine echte Höhe, sondern nur »scheinbare« Höhe, aufgrund von Belichtung. Sie eignet sich nur für kleine Unebenheiten, zum Beispiel die Maserung von Holz. Die Höhe des Reliefs können Sie frei zwischen 100% und -100% wählen.
8. Genlock
Die Genlock-Texturen kommen erst bei der Verwendung mehrerer Materialien auf der selben Oberflächen zum Einsatz (hat nichts mit Video-Mischung zu tun!). Die Funktionsweise ist kompliziert und würde den Rahmen dieses Kurses sprengen.
9.Glanz und Glanz-Farbe
Cinema kennt zwei verschiedene Sorten von Glanz (obschon es erheblich mehr gibt). »Plastik« und »Metall«. Mit Plastik können vom stumpfen Lackglanz, über normalen Plastikglanz, bis Glas alles erzeugen. Metall eignet sich nur für glatte Metalloberflächen. Anhand des Graphen kann man die Funktionsweise und vielleicht sogar das Ergebnis relativ gut erkennen. Hier ein paar Beispielwerte: Glas: Breite = 2-5%, Höhe = 100% ; Aluminium: Breite = 50-70%, Höhe (bei allen Metallen) = 100% ; glatter Stahl: Breite = 30% ; Gold = 20-25% und zusätzlich Glanzfarbe auf »orange« stellen.
Textur-Interpolation
Es gibt 6 verschiedene Interpolationsarten. Interpolation bedeutet soviel wie »Weichmachen«. Bei groben Texturen werden zwischen den Pixeln Verläufe oder Übergänge erzeugt. Die stärkste Art ist »Anti 3«, danach kommt »Anti 2«, dann »Anti 1«, »Kreis« und »Quadrat«. »Keine« bedeutet, daß keine Übergänge erzeugt werden. Am häufigsten verwendet wird »Quadrat«, weil es relativ schnell berechnet werden kann und ziemlich gute Ergebnisse erzielt. »Anti 3« benötigt die meiste Rechenzeit und sollte nur für extrem kleine Texturen verwendet werden, zum Beispiel um einen sehr weichen Verlauf zwischen zwei einzelnen Pixeln zu erzeugen.
Anwendungsbeispiel 1: Der Stuhl mit Flaschen
Erinnern Sie sich an die
Konstruktionsbeispiele aus dem ersten Teil unseres Workshops? Zwei dieser
Beispiele, nämlich die Muschel und den Stuhl mit den Flaschen, wollen wir
heute mit passenden Oberflächen versehen. Erzeugen Sie ein neues Material,
indem Sie mit der rechten Maustaste ins Materialfenster klicken (und
gedrückt halten) und im Kontextmenü »Neu« wählen.
Unser Stuhl soll ein lackierter Eichenholz-Stuhl werden. Die Textur »eiche.tif« ist auf der Cinema4D-CD enthalten. Wählen Sie diese Textur als Farbtextur aus. Vergessen Sie dabei nicht die übrigen Farbregler auf 0% zu stellen, außer natürlich den Stärkeregler der Textur. Aktivieren Sie nun das Häkchen für Glanz. Gehen Sie auf die Glanzparameter und stellen Sie die Breite auf 40% und die Höhe auf 70%. Damit erzeugen Sie einen breiten Glanzpunkt, der nicht allzu hell ist; stumpfer Lack eben. Klicken Sie auf OK und geben Sie dem Material den Namen »Holz«. Aktivieren Sie den Stuhl mit allen Unterobjekten und weisen Sie ihm dieses Material zu. Nun erscheint ein Fenster, das Sie fragt, ob das Material auch auf die Unterobjekte übertragen werden soll. Klicken Sie auf »Ja«. Jetzt müssen Sie bei allen Objekten nur noch die Textur-Achsen ausrichten und dann ist der Stuhl fertig.
Um die Grafiken, die Sie als Texuren laden, auf die Oberfläche zu projezieren, verwendet Cinema4D drei verschiedene Methoden. »Kugel«, »Zylinder« und »Flächen-Projektion«. Die beiden ersten Methoden ähneln sich so sehr, daß in der Praxis oft kaum ein Unterschied zu erkennen ist. Die Texturen werden um das Objekt herumgewickelt mit mehr oder weniger starken Verzerrungen. Die Flächenprojektion funktioniert wie ein Dia-Projektor. Die Grafik wird frontal auf die Oberfläche draufprojeziert. Je nach Form des Objektes sollten Sie zwischen Flächen- und Zylinder-Projektion wählen. Die Kugel-Projektion ist meist überflüssig.
Die Wahl der Projektionsarten erfolgt über die Symbole 2.1 bis 2.3 auf Bild 2. Um mit den Texturen und den Textur-Achsen arbeiten zu können, müssen Sie in den »Textur-Modus«, bzw. den »Textur-Achsen-Modus« wechseln (Symbole 5 und 6 auf Bild 1). Sie können die Textur-Achsen wie ein normales Objekt verschieben, drehen oder skalieren. Unabhängig von den Achsen, können Sie zusätzlich noch die Textur an sich verschieben oder skalieren. Soll die Textur optimal an die Objekt-Größe angepaßt werden, so drücken Sie »Texturen anpassen« (Symbol 2.7 auf Bild 2). Für die Stuhlbeine können Sie die Zylinder-Projektion und für die Rückenlehne und die Sitzfläche sollten Sie die Flächen-Projektion verwenden.
Für die Flaschen verwenden wir ein grünes, fast undurchsichtiges
Glas, das zusätzlich noch etwas spiegelt. Ausgehend von den folgenden
Beispielparametern sollten Sie versuchen eigene Werte zu verwenden. (Achten Sie
darauf, daß alle Häkchen für die entsprechenden Eigenschaften
aktiviert sind.)
Farbe: Rot = 0%, Grün = 30%, Blau = 0%
Transparenz: Rot = 0%, Grün=50%, Blau = 0%, Brechung = 1.333 (nur,
wenn die Flasche geschlossen ist), Fresnel = aktiviert
Spiegelung: Rot = 0%,
Grün = 20%, Blau = 0% Glanz: »Plastik« Breite = 10%, Höhe
= 100%
Anwendungsbeispiel 2: Die Muschel
Haben Sie noch die Muschel zur Hand, die wir im ersten Kursteil
nachgebaut haben? Wenn ja, dann betrachten Sie jetzt mal ganz genau deren
Oberfläche. Untersuchen Sie das »Verhalten« des
Muschelmaterials. Wahrscheinlich werden Sie feststellen, daß das Material
ein wenig glänzt, aber nicht spiegelt. Die Muschel hat keine vollkommen
glatte Oberfläche, sondern ein gewisses Muster, sie ist ja
schließlich organischen Ursprungs und hat eine Zeit auf dem Meeresgrund
gelegen. Für diese Oberfläche benötigen Sie auf jeden Fall eine
Textur. Die Oberfläche, die Sie auf dem Bild sehen können, stammt von
der Grafik »4.jpeg«, die leider nur auf älteren Cinema4D-CDs
enthalten ist.
Das Material der Muschel sieht schon etwas komplizierter aus:
Farbe:
Rot = 100%, Grün = 91%, Blau = 70%, Helligkeit = 21%, Textur =
»4.jpeg«, Textur-Stärke = 84%
Relief: Textur =
»4.jpeg«, Relief-Höhe = 22%
Glanz: »Plastik« Breite = 41%, Höhe = 64%
Die Textur wird von oben als
Flächenprojektion auf die Muschelschale gelegt. Fertig!
Anwendungsbeispiel 3: Der Borg-Cubus
»Widerstand ist
zwecklos. Wir sind die Borg.« Als kleines Bonbon sozusagen,
beschäftigen wir uns abschließend mit dem wohlbekannten
»Borg-Cubus«. Das Modell für das Borg-Raumschiff ist denkbar
einfach: Ein simpler Würfel mit getrennten Seitenflächen. Wichtig ist
allerdings die Oberfläche. Also das feinstrukturierte Gewirr aus
Leitungen, Kabeln, Rohren und Lämpchen, das viel vom Innenleben des
Schiffs preisgibt. Es kommt auf die Texturen an, die Sie von Hand zeichnen
müssen. Wir brauchen insgesamt zwei Stück: Eine Leucht-Textur und
eine Relief-Textur. Um die Texturen zu erzeugen, sollten Sie die klassischen
Zeichen-Programme »DeluxePaint« oder »PersonalPaint« verwenden. Auf den Bildern 9 und 10 sehen Sie die zwei Texturen, die wir brauchen und
deshalb selbst zeichnen. Sie erhalten jetzt einen kleinen Kurs im
»Texturenzeichnen«.
Texturen mit DeluxePaint
Öffnen Sie einen Screen mit einer Auflösung von ca. 640 x 480 Pixeln und 64 Farben. Gehen Sie ins Paletten-Menü (»p« drücken) und erzeugen Sie vier Farbverläufe mit je 16 Farben, einen von Schwarz nach Weiß, einen von Rot nach Schwarz, einen von Grün nach Schwarz und einen letzten von Blau nach Schwarz. Klicken Sie auf OK und ziehen Sie einen sehr dunklen, grauen, quadratischen und möglichst großen Kasten. (Sie müssen das Grau aber immernoch erkennen können!) Das wird die Ausgangsbasis der Relief-Textur.
Beginnen Sie jetzt mit verschiedenen hellen bis weißen Grautönen die Struktur des Borg-Cubus zu zeichnen. Am besten malen Sie in »Ebenen«, das heißt: zuerst mit relativ dunklen Grautönen ein grobes Netz aus Leitungen zeichnen, dann mit etwas helleren Farben ein weiteres Netz darüber zeichnen, und zwar vorzugsweise über solche Stellen, die Sie vorher ausgespart haben. Zeichnen Sie ruhig über die Ränder des dunkelgrauen Quadrates hinaus, achten Sie lediglich darauf, daß Sie diese später noch erkennen können. Das machen Sie solange bis Sie bei Weiß angelangt sind und das dünnste und feinste Leitungssystem gezeichnet haben. Wählen Sie die Farbe, mit der Sie am Anfang das Quadrat gemalt haben, als Hintergrundfarbe aus. Greifen Sie jetzt ihre dunkelgraue Fläche als Pinsel ab und sichern Sie sie als »Borg.re« (TIP: Texturen beim Speichern immer für ihre Verwendung kennzeichnen. »*.re« für Relief-Texturen, »*.le« für Leucht-Texturen und so weiter). Aktivieren Sie jetzt die 2.Sprühfunktion (zweimal draufklicken) und stellen Sie einen großen Radius ein. Sprühen Sie mitten über die Leitungen ein paar Flecken mit Rot, Blau und Grün. Wählen Sie jetzt Schwarz als Hintergrundfarbe und laden Sie ihre Relief-Textur wieder. Sie werden feststellen daß die Relief-Textur an einigen Stellen durchsichtig ist. Genau durch diese Stellen scheinen später die roten, blauen und grünen Flecken hindurch. Setzen Sie die Relief-Textur genau passend über das alte Gitter und drücken Sie die rechte Maustaste. DPaint hat jetzt die alten Reste des Gitters durch die Farbe Schwarz ersetzt. Nur ein paar Stellen der Flecken sind noch zu sehen. Wenn Sie wollen können sie noch ein paar weiße kleine Lichtpunkte dazusetzen. Greifen Sie jetzt die neue Textur als Pinsel ab und sichern Sie sie als »Borg.le«. Beenden Sie DPaint und laden Sie beide Texturen in das Material für Ihr Borg-Raumschiff. Stellen Sie die Farbe auf ca. 30% und aktivieren Sie Glanz mit diesen Werten: »Metall« Breite = 34%, Höhe = 93%. Stellen Sie sicher, daß bei allen Flächen des Würfels Flächen-Projektion eingestellt ist und die Textur-Achsen richtig ausgerichtet sind (Z-Achse der Textur muß in die selbe Richtung zeigen wie die Z-Achse der Würfelseite).
Viel Spaß bei Ihrer weiteren Arbeit mit Cinema4D!
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